Nach Olympia die grosse Leere? – Nicht Wirklich

Vor ziemlich genau zwei Monaten kämpfte ich in Rio de Janeiro um olympische Ehren. Bereits mit der Teilnahme konnte ich einen Traum verwirklichen. Doch natürlich, vor Ort wollte ich mehr. Realistisch hoffte ich auf eine Top-15 Platzierung. Geträumt habe ich sogar von einem Diplom oder immerhin das beste Rennen meiner Karriere zu zeigen. Ein Rennen auf das ich noch lange stolz zurückschauen kann. Gelungen ist leider nichts von alldem. Bedingungen, die mir nicht in die Karten spielten, ein aussergewöhnlich hartes Vorlauflos, aber auch die bei Weitem nicht beste persönliche Leistung, liessen all meine Wünsche und Träume in der Lagune de Freitas untergehen. Die Enttäuschung war gross. Klar, ich wollte etwas Anderes zeigen, wenn schon mal ein paar Leute mehr zuschauen wie sonst. Doch meine Olympiageschichte ist eine andere, wie die der Meisten. Als letzter Schweizer Athlet wurde ich nachnominiert. Gerade mal zwei Wochen vor Beginn der Spiele. Ich habe zwar die ganze Saison fleissig trainiert, aber nach diversen Rückschlägen, konnte ich mein gewünschtes Rendement nicht mehr erreichen. So kam es, dass ich am Morgen des 15. August mein erstes und in Rio auch letztes Olympiarennen bestritt. Ich habe in meinen 3 Minuten und 41 Sekunden Olympia alles gegeben. Aber mein Alles war wohl nicht gut genug und so schied ich im Vorlauf aus.

Viele Sportler sprechen von der grossen Leere, die man nach Olympia erfährt und auch ich spürte so ein Gefühl. Vermutlich aber anders als viele andere Olympioniken. Denn noch kürzer wie ich mich auf diesen speziellsten Wettkampf meines Lebens vorbereiten konnte, wog die Enttäuschung danach. In meinem Heimatverein in Buochs wurde ich noch am selben Tag nach der Ankunft aus Rio geehrt und gefeiert als hätte ich etwas gewonnen. Je mehr Tage nach meinem Einsatz verstrichen sind, desto mehr ist mein Rennen in den Hintergrund gerückt. Doch die Fragen, wie es denn in Rio gewesen sei, diese sind geblieben. Und so bleibt auch mein Stolz, einen Teil davon gewesen zu sein. Ich habe den Spruch: «Dabei sein ist alles» nie wirklich gut gefunden, aber in meinem Fall stimmt er.

«Wie geht es weiter nach Olympia», war auch so eine Frage, die mir häufig gestellt wurde. Das Interesse danach ist wohl bei jedem Sportler begründet, aber für mich eine der schwierigsten Fragen überhaupt. Ich liebe das Kanufahren und deshalb war für mich immer klar, dass es nach Rio irgendwie weitergeht, auch wenn gerade das Ziel meiner Ziele erreicht wurde. Ebenso klar ist aber auch, dass ich nun ein Vollzeitstudium im Bereich «Kommunikation und Journalismus» begonnen habe. So habe ich nur einen Bruchteil der Zeit zur Verfügung um zu trainieren, wie in den Jahren vor Rio. Alles unter einen Hut zu bringen, verlangt viel Planungsfähigkeit. Die Motivation herzustellen, gestaltet mir weniger Mühe. Es gibt nichts Schöneres als am Abend übers Wasser zu gleiten und die vielen gelernten Sachen des Tages, einfach mal an Land zu lassen. Einfach so vor mich hin zu paddeln würde mich aber nicht befriedigen. Deswegen ist mein Ziel nächstes Jahr an der WM in Tschechien teilzunehmen. Dort werde ich sehen, ob ich realistisch eine zweite Olympiateilnahme anvisieren kann, um in Tokio das beste Rennen meines Lebens zu zeigen.

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